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Mobilität

Der Weg und das Ziel

Coworking Spaces mit integrierten Sharing-Angeboten sind die perfekte Kombination zur nachhaltigen Gestaltung der Büroarbeit im ländlichen Raum – mit dieser Überzeugung hat sich das Team um Michael Schramek im Frühjahr 2021 beim Wettbewerb #mobilwandel2035 des Bundesumweltministeriums (BMUV) beworben und eine Projektförderung erhalten. Mit der Förderung war die Aufgabe verbunden, eine Vision für die Zukunft der Mobilität im Jahr 2035 zu entwerfen.

In Nordhessen pendeln täglich 19.437 Beschäftigte aus angrenzenden Landkreisen in die Büros von Kassel, allein 3.188 davon aus dem Schwalm-Eder-Kreis. Der Kerngedanke des Projekts ist es, diesen Berufstätigen Möglichkeiten für eine nachhaltigere Lebensweise zu bieten und Begegnungsorte in ihren ländlichen Kommunen zu schaffen, die eine Alternative zum täglichen Pendeln in die Großstadt darstellen. Das tägliche Pendeln in die Großstadt kostet Zeit, Nerven und belastet die natürliche Umwelt. Und gerade durch den Krieg in der Ukraine explodieren die Kosten. Ziel ist es, dass jede/r einen Coworking Spaces, zu Fuß oder mit dem Rad, in 15 Minuten erreichen kann. Im ländlichen Raum können Coworking Spaces beruflichen, privaten und kulturellen Austausch, Kinderbetreuung und ehrenamtliches Engagement sowie das gesellschaftliche Zusammenleben fördern. Wir haben das Netzwerk Coworking Nordhessen ins Leben gerufen, das den Unternehmen als Ansprech- und Vertragspartner für die Nutzung der Coworking Spaces rund um Kassel zur Verfügung steht.

Mit attraktiven Sharing-Angeboten (CarSharing, Pedelec- und LastenradSharing sowie übertragbare ÖPNV-Tickets) und einer strukturierten Vermittlung von Fahrgemeinschaften soll eine vom eigenen Auto unabhängige Lebensweise auch im ländlichen Raum ermöglicht werden. Ein zentraler Konzeptbaustein ist dabei das pulsierende CarSharing, bei dem statt dem privaten ein CarSharing-Auto sitzplatzweise für den Arbeitsweg gebucht wird. Abseits davon, sowohl tagsüber am Arbeitsplatz als auch abends am Wohnort, ist es für die Buchung von anderen Nutzenden verfügbar.

Coworking Spaces im ländlichen Raum können beruflichen und privaten Austausch, Kinderbetreuung und ehrenamtliches Engagement sowie das gesellschaftliche Zusammenleben fördern. Verknüpft mit einer strukturierten Vermittlung von Fahrgemeinschaften und attraktiven Sharing-Angeboten (CarSharing, Pedelec- und LastenradSharing sowie übertragbare ÖPNV-Tickets) soll eine vom eigenen Auto unabhängige Lebensweise auch im ländlichen Raum möglich werden.

Dein Mobilwandel

Du kannst deinen nächstgelegenen Coworking Space zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen, für Dienstfahrten, Einkäufe oder sonstiges steht in der direkten Umgebung ein (E-)CarSharing-Fahrzeug bereit. Nutze alternativ ein Sharing-Pedelec für die Fahrt zum nächstgelegenen Bahnhof oder bilde gemeinsam mit anderen eine Fahrgemeinschaft.

Mit deinem individuellen Mobilitätsmix kannst du den Alltag bewältigen, ohne auf ein eigenes Auto angewiesen zu sein. So sparst du viel Geld und schonst die Umwelt und das Klima.

Schaue dir eine Woche im Coworking Alltag an.

Ein Tag im Coworking Alltag (zum Ausklappen auf + klicken)

Eine Woche im Coworking-Alltag

Frau Müller freut sich auf ihre Arbeitswoche, die sie ganz entspannt und flexibel gestalten wird. Am Montag arbeitet sie im Home-Office und betreut die Kinder, die an dem Tag schon mittags von der Schule zurückkommen. Die nächsten beiden Tage arbeitet sie aus dem nahegelegenen Satellitenbüro. Ganz bequem hat Frau Müller per App spontan ihren Arbeitsplatz in dem Bürogebäude gebucht, welches sich diverse Unternehmen im nächsten Gewerbegebiet teilen.

Je nach Lust und Laune kommt sie entweder zu Fuß oder per Fahrrad dort hin. Ihr Kollege nutzt ein E-CarSharing-Fahrzeug, das in der Nähe seines etwas entfernteren Wohnortes stationiert ist. Das Fahrzeug steht dann während der Arbeitszeit allen Kollegen am Satellitenbürostandort, aber auch den umliegenden AnwohnerInnen und Unternehmen zur Verfügung.

Am Donnerstag muss sie für einen Workshop in die Firmenzentrale. Für den Arbeitsweg hat sie sich einen Platz im Pendel-CarSharing Fahrzeug gebucht. Da sie selbst nicht fahren muss kann sie die Fahrtzeit nutzen, um den Workshop vor- und nachzuarbeiten und kann somit früher ihren Feierabend genießen. Am Freitag muss sie mit wichtigen Akten aus ihrem Büro arbeiten und hat mehrere Besprechungen. Da an dem Tag keine Pendelfahrt angeboten wird fährt sie selbst mit dem Pendel-CarSharing Fahrzeug und bietet freie Plätze im Auto für Mitfahrten an. Am Wochenende stehen der Wocheneinkauf und ein Besuch bei Oma an. Dafür bucht sie sich samstags einen Kombi mit viel Stauraum für die Einkäufe und am Sonntag ein Elektro-CarSharing-Auto mit Platz für die ganze Familie.

Frau Müller kann dank der vielfältigen Sharing-Angebote jederzeit auf das Angebot zurückgreifen, welches sie gerade benötigt. Schon vor einem Jahr hat sie den Zweitwagen abgeschafft, jetzt denken sie und ihr Mann auch über den Erstwagen nach. CarSharing, (Lasten-)Pedelecs, ÖPNV und Kleinbusse bieten ihr immer flexibel das passende Mobilitätsangebot. Ihr Arbeitsplatz ist entweder in ihrer Wohnung oder sie bucht sich einen Schreibtisch im wohnortnahen Satellitenbüro oder in der Unternehmenszentrale. Viele ihrer Kollegen machen von diesen Möglichkeiten der flexiblen Arbeits- und Mobilitätsgestaltung Gebrauch und legen die weiten Wege zur Unternehmenszentrale nur noch zurück, wenn wegen wichtiger Themen Präsenzmeetings angesetzt sind oder der interaktive, kreative Austausch im kleinen Kreis gesucht wird. Das Unternehmen konnte und musste daher am Unternehmenssitz viele Visionen einer modernen Arbeitswelt ohne Neubau realisieren, so wurden freigewordene Flächen etwa zu Kommunikationsräumen umgestaltet. Ein Teil der Büroflächen wurde sogar verkauft und soll in den nächsten Jahren in Wohnräume umgebaut werden.

Zielbild 2035

Unter dem Namen mosaca, mobiles Arbeiten in Satellitenbüros und CarSharing im Schwalm-Eder-Kreis, haben wir uns in dem Wettbewerb #mobilwandel2035 des Bundesumweltministeriums (BMUV) als eins von zehn Gewinnerprojekten durchgesetzt. Ziel des Wettbewerbs ist es, „neue Impulse für eine umwelt- und sozialverträgliche Mobilität, für positive Nachhaltigkeitswirkungen auf Klima und Umwelt sowie Mensch und Gesellschaft und damit insgesamt mehr Lebensqualität für alle zu schaffen“.

Unser Ziel für die erste Förderphase besteht darin, mit verschiedenen Zielgruppen partizipativ ein Zielbild für die Mobilität im Jahr 2035 im nordhessischen ländlichen Raum zu entwickeln. Dafür haben wir Workshops mit BürgermeisterInnen, kommunalen Organisationen und interessierten BürgerInnen organisiert, sowie Analysen in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel und der CoWorkLand Genossenschaft durchgeführt. Ziel der Bemühungen ist es, die eigene Vision mit Machbarkeitsuntersuchungen und Meinungen aus verschiedenen Perspektiven zu bereichern.

Analysen

Hier finden Sie die Mobilitätsanalysen, die im Zuge des Projekts entstanden sind. In den durch das mosaca-Team erstellten Analysen (Mobilitätsanalysen Schwalm-Eder-Kreis, Klick auf + zum ausklappen) wurde das Pendlerverhalten von Berufstätigen aus den Kommunen des Schwalm-Eder-Kreises untersucht und die Ergebnisse kartographisch dargestellt.

Mobilitätsanalysen Schwalm-Eder-Kreis (zum Ausklappen auf + klicken)

In unseren Analysen des Projektraums Schwalm-Eder-Kreis für das Projekt mosaca haben wir uns mit den PendlerInnen aus und innerhalb des nordhessischen Landkreises beschäftigt.

Einpendler aus dem Schwalm-Eder-Kreis[/caption]

Auf der Karte sind die AuspendlerInnen aus den Gemeinden des Schwalm-Eder-Kreises nach Kassel, Marburg und Bad Hersfeld zu erkennen, wobei die Stärke der Balken die Anzahl der PendlerInnen darstellt. Aus dem Schwalm-Eder-Kreis pendeln täglich gut 10.000 Menschen nach Kassel, Marburg und Bad Hersfeld, wodurch im Jahr ca. 21.800 Tonnen CO2 ausgestoßen werden. Pro Kopf entspricht dies circa zwei Tonnen. Das bedeutet, dass knapp 25% der Gesamtemissionen nur für das tägliche Pendeln zur Arbeit verbraucht werden. Hier zeigt sich das große Potential, das Coworking-Spaces auch für den Klimaschutz haben, da sie die Gesamtpendelstrecke und die damit verbundenen CO2-Emmisionen deutlich reduzieren können.

EinpendlerInnen (Büro) aus umliegenden Gemeinden nach Kassel

Auf dieser Karte sind die Zahlen der EinpendlerInnen nach Kassel noch genauer zu erkennen. Es handelt es sich hier zudem um die Anzahl der Pendelnden, die auch in einem Bürojob tätig sind. Daher lässt diese Karte gut Rückschlüsse auf Potenziale von Coworking-Spaces in den einzelnen Gemeinden schließen. Alle Pendelnden, die hier dargestellt sind, sind potenzielle NutzerInnen, die von einem Coworking-Space Angebot profitieren könnten. In den meisten Gemeinden, die in einem Radius von 30-40 km um Kassel liegen, könnte bei entsprechendem Interesse der BewohnerInnen vor Ort ein Coworking-Space etabliert werden.

Gesamtpendlerstrecken p.a.

Hier ist die Gesamtpendelstrecke (in Millionen km) aller PendlerInnen über das gesamte Jahr zu sehen. Die Karte verdeutlicht, welch enorme Strecken durch das Pendeln über ein Jahr verteilt entstehen und damit auch, wie viel CO2, Zeit und Geld hier in Anspruch genommen wird. Im Schnitt legt ein*e PendlerIn aus diesen Landkreisen nach Kassel eine Strecke von circa 21.000 km im Jahr zurück, was etwa einer halben Erdumrundung entspricht. PendlerInnen, die mit dem Auto zur Arbeit kommen, verbringen knapp 320 Stunden oder 13 Tage im Jahr im Auto. Das Verkürzen der Pendelwege ist also nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern spart individuell viel Zeit und Geld.

 

Die Universität Kassel hat sogenannte Rebound-Effekte untersucht. Diese Effekte treten auf, wenn Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen eine Verhaltensänderung zur Folge haben, die wiederum zu einem Mehrausstoß von CO2-Emissionen führt (Erfahre mehr durch einen Klick auf das + am rechten Rand).

Untersuchung von Rebound Effekten durch die Universität Kassel (zum Ausklappen auf + klicken)

Mit dem Projekt wollen wir Menschen dabei unterstützen, ihre Abhängigkeit vom eigenen Pkw zu reduzieren, indem wir durch Coworking Spaces wohnortnahe Alternativen zum Berufspendeln und durch einen Mix an Sharing-Angeboten Alternativen zum eigenen Auto im Alltag schaffen. Denn wer tägliches Pendeln vermeidet und auf einen nachhaltigen Mobilitätsmix statt auf das Auto als alleiniges Fortbewegungsmittel setzt, spart klimaschädliche CO2-Emissionen sowie Energie ein und schont damit nicht nur die Umwelt, sondern trägt auch dazu bei, unsere Abhängigkeit von Russland und anderen autokratischen Staaten zu verringern

Die Verringerung der Pendelfahrten kann jedoch – gewollt oder ungewollt – zu neuen Emissionen an anderer Stelle führen. Möglicherweise wurden bisher Einkäufe mit dem Arbeitsweg verbunden, für die jetzt neue Wege zurückgelegt werden. Oder man unternimmt zusätzliche Freizeitaktivitäten, weil man ja seltener „rauskommt“. Vielleicht fährt man auch zusätzlich in den „Arbeits-“Urlaub, weil man ja nicht mehr so ortsgebunden ist.  Allein eine einzelne Flugreise würde bereits die positive Klimabilanz des gesamten Jahres zunichte machen.

Um diese sog. Rebound-Effekte bei der Zielbildentwicklung berücksichtigen zu können, hat ein Team der Universität Kassel unter Dr. Melanie Herget dazu eine Untersuchung angestellt und mögliche Handlungsempfehlungen zum Verhindern der Rebound-Effekte formuliert.

Abbildung 1: Typologie der Arbeitsformen, differenziert nach Arbeitsorten

Typologie der Arbeitsformen, differenziert nach Arbeitsorten

Die zunehmende Digitalisierung und Spezialisierung der beruflichen Tätigkeiten führt zu einer Fülle an Arbeitsformen an unterschiedlichen Arbeitsorten.

Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen einem festen Arbeitsort und ortsunabhängigem Arbeiten. Das ortsunabhängige Arbeiten lässt sich in vier Varianten auffächern: das klassische Homeoffice, die Arbeit im Coworking Space, Mischformen sowie mobile Arbeitsorte bzw. das Arbeiten von unterwegs, beispielsweise in der Bahn. Das Homeoffice kann dabei aus ausschließlich einem Arbeitsort zuhause bestehen oder (z. B. aufgrund einer Fernbeziehung) aus mehreren Wohnorten und damit auch mehrere Homeoffices. Auch bei Coworking Spaces ist es möglich, immer denselben zu nutzen oder zwischen verschiedenen zu wechseln (Stichwort: digital nomads). Bei Mischformen schließlich wird zwischen Homeoffice, Coworking Spaces und/oder dem regulären Arbeitsort beim Arbeitgeber gewechselt, sodass diese Arbeitsformen kombiniert und unterschiedlich häufig pro Woche praktiziert werden.

 

Abbildung 2: Grundsätzliches Wirkmodell ortsunabhängigen Arbeitens

Grundsätzliches Wirkungsgefüge ortsunabhängigen Arbeitens

Durch ortsunabhängiges Arbeiten entfallen die regelmäßigen Pendelwege zum Arbeitgeber. Dadurch werden zeitliche und finanzielle Ressourcen frei – sofern der neue Arbeitsort nicht weiter vom Wohnort entfernt ist als der bisherige Arbeitsplatz. Wenn die frei gewordenen zeitlichen und finanziellen Ressourcen für andere Wege genutzt werden, beispielsweise für bestimmte Freizeit- oder Einkaufswege, kann es zu einem Anstieg der sogenannten „non-work trips“ kommen. Dafür spricht auch das Modell eines „konstanten Reisezeitbudgets“. In der Mobilitätsforschung hat man nämlich festgestellt, dass die Zeit, die Menschen täglich für Ortsveränderungen verwenden, über viele Jahrzehnte hinweg relativ konstant geblieben ist. Das heißt: Reisezeitverkürzungen bei einem Weg werden umgehend genutzt, um für andere Wege mehr Zeit aufbringen zu können und z. B. attraktive, aber aufwendiger zu erreichende Orte aufzusuchen. Dies kann sogar dazu führen, dass die gesamte Wegedistanz länger wird als zuvor beim regelmäßigen Pendeln zum Arbeitgeber.

Mit Hilfe der frei gewordenen finanziellen Ressourcen unternehmen einige Arbeitnehmende auch zusätzliche (Fern-)Reisen, sowohl beruflich als auch privat. Auch häufigere Alltagswege, längere Wegedistanzen und/oder mehr Wege mit dem Privat-PKW werden durch die frei gewordenen finanziellen Ressourcen befördert.

Durch die geringere oder sogar ganz entfallene räumliche Bindung an den Arbeitgeber und die frei gewordenen finanziellen Ressourcen werden auch Wohnstandortverlagerungen denkbar. Die Wahrscheinlichkeit einer Wohnstandortverlagerung wird u. a. durch die sozialen Netzwerke, die Einkaufs- und Freizeitgelegenheiten und die landschaftliche Attraktivität beeinflusst.

Durch die dezentraleren Arbeitsorte steigen in der Regel auch die Flächeninanspruchnahme, der Energiebedarf und der Bedarf an zusätzlichen Arbeitsgeräten wie Druckern, Laptops, Monitoren, Tastaturen, Beleuchtung u. Ä., da diese nun seltener gemeinsam an einem Ort genutzt werden können. Und die stärkere Mischung von dienstlichen und privaten Aufgaben sowie die geringere Bindung an den Arbeitgeber und die Kolleginnen und Kollegen kann sowohl zu sozialer Über- als auch Unterforderung führen und gesundheitliche Folgen mit sich bringen.

Rebound-Effekte sind wie ein Bumerang; Effizienzsteigerungen können nämlich – unbeabsichtigt – einen gesteigerten Konsum zur Folge haben. Auf diese Weise werden die eigentlich erwarteten Einsparungen geschmälert oder sogar (über)kompensiert.
Mögliche Rebound-Effekte des ortsunabhängigen Arbeitens sind:

 

Wohnstandortwahl-Rebound: Da durch das ortsunabhängige Arbeiten die räumliche Gebundenheit an den Arbeitgeber entfällt, können Wohnstandortverlagerungen in dezentralere Gebiete erfolgen. Dies kann allgemein längere Arbeitswege und – im Fall einer größeren Wohnung am neuen Standort – auch einen höheren Flächen- und Energieverbrauch zur Folge haben.

Fernverkehrs-Rebound: Werden die entfallenen Kosten und Zeitaufwände fürs Pendeln in weitere Urlaubsreisen oder berufliche Reisen (z. B. zu Messen, Konferenzen) reinvestiert, so werden die eigentlich eingesparten CO2-Emissionen durch den kürzeren und/oder selteneren täglichen Arbeitsweg reduziert oder sogar (über)kompensiert.

Alltagsverkehrs-Rebound: Die Reduktion von Arbeitswegen kann dazu führen, dass mehr „non-work trips“ mit anderen Wegezwecken (wie z. B. Freizeit) durchgeführt werden. Die eingesparte Reisezeit wird also reinvestiert in Wege mit anderen Wegezwecken. Weitere Effekte wären weitere Wegestrecken und eine stärkere Nutzung des privaten Pkw.

Konsum-Rebound: Zusätzliche Arbeitsgeräte wie Drucker, Laptops, Monitore, Tastaturen, Beleuchtung u. Ä. werden erforderlich, und aufgrund einer geringeren Konzentrationsfähigkeit beim Arbeiten im Homeoffice oder Coworking Space wird mehr konsumiert.

Energiebedarfs-Rebound: In Folge des ortsunabhängigen Arbeitens entsteht ein erhöhter Energieverbrauch bspw. durch den dezentraleren Energiebedarf, die parallele Beheizung und den parallelen Stromverbrauch am regulären Arbeitsplatz sowie im Homeoffice oder Coworking Space.

Flächeninanspruchnahme-Rebound: Wird die Bürofläche beim Arbeitgeber nicht parallel zur Einführung von ortsunabhängigem Arbeiten reduziert, so entsteht durch die dezentralen Arbeitsorte eine erhöhte Flächeninanspruchnahme.

Gesundheitlicher (psychosozialer) Rebound: Die stärkere Mischung von dienstlichen und privaten Aufgaben sowie die geringere Bindung an den Arbeitgeber und die Kolleginnen und Kollegen kann zu einer sozialen Über- oder Unterforderung führen, die sich auf Dauer auch auf die Gesundheit auswirken können.

 

 

Abbildung 3: Rebound-Effekte und ihre zentralen Einflussgrößen

Abbildung 4: Empfehlungen zur Verringerung von Rebound-Effekten

 

 

Um solche Rebound-Effekte möglichst zu verringern, müssen die jeweils zentralen Einflussgrößen betrachtet werden. Diese sind auf Basis einer Literaturanalyse in Abbildung 3 zusammengefasst. Aufbauend auf den zentralen Einflussgrößen werden in Abbildung 4 Empfehlungen aufgelistet, und zwar für Arbeitgebende und Arbeitnehmende sowie für Coworking Space-Betreibende (Standortwahl und Ausgestaltung der Coworking Spaces).

Abb 5 Ihr Weg durch den Rebound Dschungel[/caption]

 

Ihr Weg durch den Rebound-Dschungel

Je nachdem, welche und wie viele unterschiedliche Rebound-Effekte sich überlagern, ist die Intensität des gesamten Rebound-Effekts unterschiedlich stark ausgeprägt. In dem Flussdiagramm werden beispielhaft verschiedene mögliche Pfade zu unterschiedlichen Intensitäten von Rebound-Überlagerungen aufgezeigt. Dabei sind diese Pfade als exemplarisch zu verstehen und bilden somit nicht sämtliche mögliche Kombinationen von Rebound-Effekten ab. Die jeweiligen Rebound-Effekte, die nicht im betrachteten Pfad abgefragt werden, sind daher in der Diagnose mit einem Fragezeichen markiert.

Weitere Pendlerkarten aus der Projektregion Schwalm-Eder-Kreis

Ausgangslage – Die Region Nordhessen

Die Region in und um Nordhessen eignet sich besonders für ein Modellprojekt dieser Art, weil sie großflächig und eher ländlich geprägt ist und viele Menschen zum Pendeln in die umliegenden Großstädte, insbesondere nacj Kassel, pendeln. Etwa 19.400 Menschen mit Bürojobs pendelten vor der Pandemie aus dem Umland nach Kassel und legen dabei jährlich um die 236 Millionen Kilometer zurück. Wir schätzen, dass rund 80% der PendlerInnen das Auto benutzen, da es vielerorts das schnellste und bequemste Fortbewegungsmittel für den Arbeitsweg ist. Viele dieser Menschen sind potenzielle Coworker, ein großer Teil ihrer bisherigen Pendelfahrten kann als vermeidbar angesehen werden.

 

 

Emissionen aus dem Pendelverkehr

Das Pendeln belastet die Menschen und die natürliche Umwelt. Würde man die Strecken aus dem Umland nach Kassel aneinanderreihen, die von den potenziellen CoworkerInnen jedes Jahr zurückgelegt werden, könnte damit mehr als 5.890 mal die Erde umrundet werden.

Die PendlerInnen verbringen insgesamt 97.400 Tage mit Bahn- und Autofahren, im Durchschnitt sind das 48 volle Arbeitstage (8 Std.). Anstatt zu pendeln könnten sie diese Zeit mit Hobbies oder der Familie verbringen.

Statt zu Pendeln könnte man mit der Zeit z.B. bis zu vier Mal pro Woche Sport machen. Oder sich um seinen Garten kümmern und eigenes Obst und Gemüse anbauen. Außerdem schätzen wir die Kosten für das Pendeln auf 1.471 € – 2.732 € pro Kopf. Bei den steigenden Spritpreisen dürften sie mittlerweile sogar wesentlich höher sein, zumindest für die, die mit dem Auto fahren.

Äpfel mit Fahrten vergleichen

Beim Zurücklegen der jährlichen Pendelfahrten aus dem Umland nach Kassel werden 32.455 Tonnen CO2 freigesetzt, vor allem durch den Autoverkehr. Als Relation: Diese Menge an CO2 würde durch die Produktion und den Transport von über 360.000 Äpfeln aus regionalem  Anbau verursacht werden. Sie entspricht dem gesamten Carbon Footprint von über 3.000 Menschen in Deutschland. Dabei würde es sicher vielen der Menschen nichts ausmachen, weniger Zeit im Auto zu verbringen und stattdessen mehr Äpfel zu essen – oder was ihnen eben sonst noch schmeckt.

Fahrradregion Nordhessen

Nordhessen ist ein beliebtes Ziel für Radtouristen und besitzt eine Vielzahl an regionalen und überregionalen Radwegen. Dazu gehören zum Beispiel der 70 km lange Bahnradweg Rotkäppchenland, der 30 km lange Baunatalrundweg oder die vier Ederseeradwege mit insgesamt 141 km Länge. Insgesamt führen mindestens 16 regionale und 8 überregionale Radwege durch Nordhessen.

Radfahren ist gesund, spart Geld, schont die Umwelt und kann bei kürzeren Distanzen sogar schneller sein, als das Auto zu benutzen. Für viele PendlerInnen ist das Rad aufgrund der langen Anfahrt zum Job derzeit keine wirkliche Option, das ändert sich jedoch, wenn sie stattdessen im wohnortnahen Coworking Space arbeiten. 

Für die übrigen anfallenden Fahrten, um jemanden abzuholen, etwas zu transportieren oder alles andere wofür man ein Auto brauchen könnte stehen CarSharing-Fahrzeuge in der Nähe der Space oder im Ortskern zur Verfügung. Auf diese Weise könnte Nordhessen zur Modellregion für ländliche Räume werden, in denen man nicht auf das eigene Auto angewiesen ist. 

Mobilität in Nordhessen

Eine Möglichkeit, um neben dem mobilen Arbeiten auch anderweitig Treibhausgase und Geld zu sparen, ist die Nutzung geteilter Mobilität. Statt auf das eigene Auto zu setzen, nutzen viele Menschen auf der ganzen Welt Car- und Bikesharing, Mitfahrgelegenheiten oder andere Sharing-Angebote. Doch wie sieht es in der Region Nordhessen mit dem Mobilitäts-Sharing aus?

Die höchste Dichte an Mobilitätsangeboten ist in Kassel zu finden. Dort gibt es neben dem ÖPNV auch Sharing-Angebote von Stattauto, Flinkster, Nextbike und Tier. Außerhalb von Kassel ist dagegen nur der lokal ansässige Sharing-Anbieter Regio.Mobil vertreten, der sich mit seinem Angebot vor allem an den Bedürfnissen von Menschen in ländlichen Räumen orientiert. Insbesondere das pulsierende CarSharing trägt dazu bei, klimaschädliche Emissionen einzusparen und die Abhängigkeit vom eigenen Auto zu reduzieren.

Pulsierendes CarSharing

Das vom CarSharing-Anbieter Regio.Mobil im Schwalm-Eder-Kreis entwickelte und betriebene „pulsierende“ CarSharing, ermöglicht One-Way Fahrten, die das CarSharing auch im ländlichen Raum wirtschaftlich nutzbar machen. Beim pulsierenden CarSharing werden die Pool-Fahrzeuge von MitarbeiterInnen der Ankerkunden morgens für den Arbeitsweg genutzt und tagsüber stehen sie dann den Unternehmen für Dienstfahrten oder der Öffentlichkeit zur Verfügung. Nach der Arbeit fahren Mitarbeiter damit nach Hause, so benötigen sie für den Arbeitsweg keinen eigenen Pkw mehr. Am Wohnort stehen die Fahrzeuge abends für alle zur Nutzung bereit, bis sie am nächsten Morgen wieder für die Fahrt zur Arbeit reserviert sind und genutzt werden. Über ein entsprechendes Tarifmodell mit Sitzplatzbuchung wird die Bildung von Fahrgemeinschaften auf dem Arbeitsweg attraktiv gemacht. Ein Teil der Fahrzeuge verbleibt trotzdem abends und am Wochenende am Ort des Anker-Kunden, damit sie zum einen für Dienstfahrten in den Abendstunden oder über Nacht genutzt werden können und zum anderen damit sie den Menschen vor Ort zur Verfügung stehen.

Ausgehend von der ersten Anker-Organisation können sich weitere Organisationen (Unternehmen, öffentliche Verwaltungen, Coworking Spaces, etc.) anschließen, die entweder ihre Fahrzeuge oder ihren Fahrbedarf in den CarSharing-Pool einbringen. Für die Organisationen ergeben sich viele Vorteile: Sie können ihre Flottenfahrzeuge entweder abschaffen oder besser auslasten und damit Kosten senken, die Nutzung von Privatfahrzeugen für dienstliche Zwecke senken, auf eine größere Auswahl von Fahrzeugen im Pool zugreifen (z.B. Transporter oder Elektroautos), umweltfreundliches Mobilitätsverhalten in der Belegschaft fördern, mit den Fahrzeugen Werbung machen und zur Regionalentwicklung beitragen. In dem Artikel von Zeit Online kannst du mehr über das pulsierende CarSharing und Regio.Mobil erfahren.